03. – 20.10.1996
„Durcheinander“,eine Rauminstallation von Achim Zeman in der Simultanhalle Köln,1996
Langsam geht das Auge den Weg ab, konzentriert durchschreitet es die Figur auf der Suche nach dem Kern und dem Ausgang: Labyrinth oder Irrgarten?
Das mythologische Labyrinth von Knosos führt vom Eingang unausweichlich zur Mitte, zum Kern, wo das Monster, aber auch die Erkenntnis wartet, und von dort zurück zum Eingang. Die Irrgärten des Barock dagegen besitzen einen Eingang und einen von ihm verschiedenen Ausgang, der Weg hindurch ist vielgliedrig, birgt Irrwege und Sackgassen, die dem Menschen Entscheidungen abverlangen. Labyrinth oder Irrgarten geben sich nur aus der Innenansicht zu erkennen, äußerlich besitzen beide eine regelmäßige geometrische Figur. Tritt man jedoch hinein, beginnt die Irritation, man muß sich einen Weg suchen und sich in dem Gewirr an Gängen, Kreuzungen und Richtungen zurechtfinden.
Öffnet der Besucher der Simultanhalle die Türe zur Rauminstallation von Achim Zeman, so wird er erst mal eine Vielzahl grafischer Elemente wahrnehmen, bis er im zögerlichen Abschreiten diese als Wegstrukturen er-kennt. Mit grafischen Mustern, die den Boden und die Wände der Halle bedecken,erschafft Achim Zeman einen Irrgarten. Aufgeflockte Nylonfasern liegen direkt auf den kühlen Steinen und Mauern. Sie heben sich samtig-weich gegen das Auge, scheinen das Licht aufzusaugen und wohlige Wärme abzugeben. Sie strahlen Tiefe aus, die gleichzeitig hervorspringt und zurückweicht. Farbe erfährt Körperlichkeit und zeigt doch Durchlässigkeit, behält Struktur ihres Hintergrunds. Ein Wechselspiel von positiven und negativen Formen schafft Vakuum und Volumen, Licht und Schatten, legt Schnitte an, teilt den Raum. Die Struktur folgt einem systematischen Rhythmus. Das vielgliedrige Durcheinander an Formen unterwirft sich einer festen Ordnung, die sich erst im Durchgang, im ´Passieren des Raums` erschließt.
Achim Zemans Irrgarten besitzt einen Eingang, die Tür der Simultanhalle, und einen Ausgang, der nach oben weisend gegen das Dach und den Himmel strebt.
Schließt sich hinter dem Besucher der Ausstellung die Tür, so steht er erst mal in einer wirren Welt, die ihn mit einer Vielzahl von Entscheidungsmöglichkeiten in die Irre zu führen sucht. Doch es gibt nur einen Weg, der Eingang und der Ausgang miteinander verbindet, und fast wie von selbst, schreitet der Betrachter diesen ab, gleiten seine Augen die Wände entlang, um dem Geheimnis auf die Spur zu kommen. Die Zweidimensionalität läßt ihn die Irrgarten-Installation als geschlossenes System er-kennen, so als würde er, gleich einem unbeteiligten Betrachter von außen, einem Rätselbild in der Zeitung folgen. Zugleich jedoch ist er ein bewegtes Teil innerhalb des Labyrinths, das sich im – dreidimensionalen – Raum der Simultanhalle durch die Ausstellung bewegt, seine Wege dem eigenen Rhythmus unterwirft und erfahrbar macht.
Rosi Ulrich